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10.06.23 –
Pünktlich um 16:30 Uhr trafen die Gebrüder Fangerow aus Angermünde mit ihren Rückepferden Amigo und Packo beim Forsthaus Tornow ein. Jeder dieser Kaltblüter wiegt fast eine Tonne. Was früher gar nicht anders ging, ist heute eine Seltenheit: Das Rücken gefällter Bäume mit Pferden durch den Wald zum nächsten Verladeplatz. Dabei ist dies für den Wald viel schonender. Wie Ralf Fangerow ausführte, benötigen die heutigen schweren Rückemaschinen breite Rückegassen in einem Abstand von ca. 20 Metern. Dabei wird viel Bewuchs zerstört, und der Waldboden wird durch das Gewicht der Maschinen so stark verfestigt, „dass dort 100 Jahre lang kein Baum mehr wächst“. Zudem nehmen die Rückegassen damit ca. 20 Prozent von der Waldfläche weg. Holt man dagegen die Stämme mit Pferden aus dem Wald, bilden sich keine Rückegassen und es können die Wurzelanläufe der Bäume geschont werden. Die beim Rücken entstehenden Bodenverwindungen sind nicht tief, und der Boden wird nicht nachhaltig verfestigt, so dass in den Rinnen bald wieder Bäume wachsen.
Zwei Baumstämme lagen noch im Garten von David Wortmann, dem Besitzer des Forsthauses. Amigo und Packo wurden angespannt. Sie zogen die Stämme zur Demonstration ein Stück durch den Wald und am anderen Ende wieder in den Garten. Ralf Fangerow führte anschließend aus, dass die Rückepferde in der Regel sechs Stunden pro Tag zum Einsatz kämen und dabei ca. 25 Festmeter Holz rücken würden. Die Ausbildung eines solchen Kaltblüters dauere zwei Jahre. Erst im Alter von sechs Jahren sei das Pferd richtig ausgewachsen. Um geeignete Pferde in der richtigen Größe (Höhe zum Widerrist 175 cm) zu bekommen, seien sie weit gereist. So stamme Amigo zum Beispiel aus Polen. Amigo und Packo könnten jeder Stämme bis zu einer Tonne Gewicht ziehen. Bei schwereren Stämmen würden beide vorgespannt.
Zu ihrem in Angermünde ansässigen Betrieb führte Ralf Fangerow aus, dass sie im Umkreis von 80 km mit den Pferden tätig seien. Dabei hätten sie genug zu tun. Sie würden von Privatwaldbesitzern, aber auch vom Landesforst und vom Stadtwald Eberswalde beauftragt werden. Neben Holzrücken würden sie mit den Pferden auch für Neuanpflanzungen pflügen und z.B. auch Wälder von der Traubenkirsche befreien. Dabei würden die Pferde sogar die Wurzelstrünke aus dem Boden ziehen. Leider müsse man befürchten, dass es das Arbeiten mit Pferden im Wald nicht mehr lange geben werde. Das Geschäft ist nicht lukrativ und werde fast nur aus Idealismus betrieben. Ohne Wald kein Leben. Es dürfe eben nicht nur ums Geld gehen. Vielmehr gehe es um eine vernünftige Waldwirtschaft, die auch für künftige Generationen betrieben werde. Während es in Mecklenburg-Vorpommern noch eine staatliche Förderung gebe, werde das Holzrücken mit Pferden in Brandenburg nicht gefördert. Es gebe zudem zu wenig Interessenten, die sich zu Holzrückern ausbilden lassen würden.
Die Gebrüder Fangerow erhielten aus dem Publikum viel Zuspruch. Enno Rosenthal, der als Förster außer seinem eigenen Wald noch 345 kleinere Waldflächen fremder Eigentümer bewirtschaftet und bis 1989 selbst noch mit fünf Rückepferden gearbeitet hatte, sprach sich auch für das Holzrücken mit Pferden aus und meinte, dass diese waldfreundliche Tätigkeit mit 1.000 Euro pro Arbeitsplatz mit Pferd staatlich unterstützt werden sollte.
Swantje Schäkel aus Zempow bestätigte die schädlichen Auswirkungen des Holzfällens und -rückens mit schweren Maschinen und forderte andere – kleinere – Holzabnehmerstrukturen, bei denen sich das Arbeiten mit Pferden wieder lohnen würde.
Die Zeit des Wartens auf den Minister Axel Vogel wurde genutzt, um den Landwirt und Tierarzt Rudi Mixdorf zu Wort kommen zu lassen. Mixdorf referierte kurz über die regenerative Landwirtschaft, die durch eine ganz andere Bodenbearbeitung mit dem Geohobel – anders als mit dem Pflug – die natürliche Bodenstruktur erhält, was unter anderem dafür sorgt, dass im Boden gespeichertes Kohlendioxid nicht freigesetzt wird. Außerdem werde die vorhandene Wurzelstruktur geschont, so dass der Boden sehr viel weniger stark der Erosion ausgesetzt sei und die Humusbildung unterstützt werde. Mixdorf sprach sich für eine Dauerbegrünung der landwirtschaftlichen Flächen und im Gartenbau für eine flächendeckende Bodenbedeckung mit Mulchmaterial aus, was nicht nur erheblich zur Humusbildung beitrage, sondern auch Bewässerung spare.
Als dann pünktlich um 18:00 Uhr der Minister Axel Vogel eintraf, nahm Sigrid Schumacher – die in Brandenburg einzige grüne – Bürgermeisterin von Zernitz-Lohm die Gelegenheit wahr, ihm eine Unterschriftenliste zu übergeben. Es handelte sich um deutlich mehr als 2000 Unterschriften von Betroffenen, die sich gegen die im Planungsverfahren befindliche Baustoff-Mülldeponie auf dem Gelände der Kiesgrube Holzhausen richten. Vogel zeigte sehr viel Verständnis für die Proteste. Er konnte allerdings keine konkreten Aussagen dazu treffen, weil sich das Projekt im Planungsverfahren befinde und man in der Landesregierung überdies gerade an einem Abfallwirtschaftsplan arbeite, der auf das Projekt Einfluss haben könne.
Nach einem Fototermin mit den Rückepferden wurde dann das Thema Klimaschutz und Waldumbau eröffnet. Axel Vogel begann mit der Bemerkung, der Mai sei schon wieder viel zu trocken gewesen, so dass die im Frühjahr aufgestaute Bodenfeuchte aufgesaugt sei. Die Klimaveränderung würde in Brandenburg durchschlagen. Von den sechs vergangenen Jahren seien es fünf Dürrejahre gewesen. Bei einer Bodentiefe von 180 cm herrsche nun schon seit Jahren Trockenheit. Darunter leide der Wald. Auch Eichen und Buchen seien betroffen. Nur noch 10 Prozent unserer Bäume seien gesund. Die darin ersichtliche Versteppungsgefahr mache ihm große Sorgen. Im Kabinett arbeite man an Klimaanpassungsstrategien. Man spreche über unausweichliche Schritte, zum Beispiel darüber, dass man sogenannte Schwammstädte schaffe, in denen das Regenwasser nicht einfach wegfließe, sondern gespeichert werde. Auch die gesundheitlichen Gefahren von heißen Trockenperioden, insbesondere für ältere Menschen, seien im Gespräch. Man müsse Vorsorgemaßnahmen treffen. Selbst wenn eine erhebliche Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes erreicht würde, wäre damit die globale Erderwärmung nicht sogleich besiegt. Die Oberflächengewässer seien schon jetzt zu warm, was sich besonders durch das Fischesterben in der Oder zeige. Dort habe ein Killervirus Einzug gehalten, den es bisher in unseren Breitengraden nicht gegeben habe.
Ein beachtliches Problem stelle durchaus auch die Landwirtschaft dar. So seien 7,2 Millionen Tonnen der in Deutschland ausgestoßenen Treibhausgase auf die Landwirtschaft zurückzuführen. Die Entwässerung von Mooren müsse rückgängig gemacht werden. Durch die Entwässerung von nur einem Hektar Moor würden jährlich 40 Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Die Regierung habe deswegen ein Moorschutzprogramm verabschiedet. Die Botschaft sei schon angekommen. Die Bereitschaft von Landwirten, trockengelegte Moorböden zu renaturieren, sei gewachsen.
Zu diesen CO²-Senken gehöre aber auch der Wald. Eigentlich bräuchten wir 60.000 Hektar neue Waldfläche in Brandenburg, um den CO²-Auststoß zu kompensieren. Das könne allein auf staatlichen Flächen nicht verwirklicht werden. Wir bräuchten auch wieder die sogenannten „Bauernwälder“, wie sie früher zu jedem bäuerlichen Betrieb gehörten. Eine weitere Frage sei, welche Bäume angesichts der Klimaveränderung überhaupt hier noch gedeihen könnten. Man müsse wohl auch auf fremdländische Bäume zurückgreifen, was wiederum Schwierigkeiten mit Interessenverbänden nach sich zöge.
Dass wir in Brandenburg – so der Minister weiter – überwiegend Kiefernwälder hätten – nämlich ca. 750.000 Hektar – liege daran, dass im Rahmen der Reparationshiebe Wald gerodet und das Holz in die Sowjetunion geschafft worden sei. Danach sei eben überwiegend mit Kiefern aufgeforstet worden, weil dies das Einfachste, Billigste und Schnellste gewesen sei. 380.000 Hektar müssten jetzt erneuert werden. Bei der Aufforstung leide man vor allem am Wildverbiss, was an der starken Rehwild-Populationen liege. Wenn man heute eine Waldfläche mit Jungbäumen aufforste, sei nach einem Jahr nur noch die Hälfte der Anpflanzungen übrig. Deshalb müsse die Jagd auf Rehwild intensiviert werden. Durch die Entnahme von alten Bäumen könne man die Naturverjüngung fördern. Auf den entstehenden Lichtungen wüchsen von selbst Bäume nach. Der Eichelhäher sei der Freund des Waldes. Er verbreite die Samen, und die von selbst gewachsenen Bäume seien auch widerstandsfähiger als gesetzte Jungpflanzen. Das Auslichten müsse besonders Kiefern treffen. Kiefern seien für die Natur nicht nützlich. Sie trügen nicht zur Grundwasserbindung bei.
Folge und Ursache für die Klimaerwärmung zugleich seien auch die vielen Waldbrände, die in der letzten Zeit zu verzeichnen seien. Erforderlich sei es deshalb, Waldbrandschutzstreifen und -wege zu schaffen. Dies ginge aber nicht ohne Weiteres, weil es einen Eingriff in die Eigentumsrechte der Privatwaldbesitzer sei. Deshalb bedürfe es einer gesetzlichen Regelung, an der man arbeite.
Alle Maßnahmen zum Waldumbau würden aber nichts nützen, wenn kein Wasser vom Himmel falle. Uns bleibe nur übrig zu hoffen, dass es in den nächsten Jahren zu den richtigen Zeitpunkten regnet. Daraus ergebe sich, dass die bisherige Entwässerungslandwirtschaft nicht mehr akzeptabel sei. Wenn es regnet, dürfe das Wasser nicht mehr abgeleitet, sondern so gut es geht, auf den Acker- und Waldflächen gehalten werden.
Im Rahmen der anschließenden Fragestunde wies Swantje Schäkel noch darauf hin, dass die in der Landwirtschaft eingesetzten Fungizide nicht nur das Bodenleben der Äcker selbst stören würden. Vielmehr würden die Fungizide durch Erosion und Wind auch in die benachbarten Wälder getragen, wo sie die Symbiose zwischen Pilzen und Bäumen nachteilig beeinflussen würden. Schon deshalb sei die regenerative Bodenbewirtschaftung, wie sie zuvor schon von Rudi Mixdorf propagiert worden sei, sehr zu fördern.
Der Minister stellte zum Abschluss klar, dass beim Waldumbau nicht etwa der Mangel an Geld das Problem sei, vielmehr müssten die privaten Waldeigentümer zum Umbau ihrer Wälder motiviert werden.
(Dieser Bericht stammt von Gert Wegner)